Am 2. April 2025 fand auf dem Campus Riedberg der Goethe-Universität in Frankfurt am Main die BMBF Materialforschungskonferenz „MatFo2025“ statt – ein interdisziplinäres Forum, das unter dem Motto „Materialinnovationen für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“ Vertreter:innen aus Politik, Forschung und Industrie zusammenbrachte. Unser Mitarbeiter Kurt Junghanns hat im Rahmen des Projekts KupferDigital2 an der Konferenz teilgenommen. Aus Sicht des Instituts für Angewandte Informatik (InfAI) e. V. bot die Veranstaltung wertvolle Einblicke in die Synergien zwischen Materialwissenschaft und digitaler Transformation.
Inspirierende Keynotes und interdisziplinäre Perspektiven
Die Konferenz startete mit einer Begrüßung durch Dr. Karl-Eugen Huthmacher, der den Bogen zu Mat2Twin spannte – dem neuen Impulsprogramm des BMBF für innovative Werkstoffe. In drei aufeinanderfolgenden Keynotes wurden zukunftsweisende Themen behandelt:
- Innovative Materialien und nachhaltiges industrielles Wirtschaften: Prof. Dirk Raabe beleuchtete Recyclingkonzepte, bei denen sämtliche Elemente des Periodensystems einbezogen werden und zeigte Ansätze zur effizienten Atomintegration, Green Chemie sowie moderne Produktionsverfahren in der Stahl- und Betonherstellung auf.
- Chancen und Herausforderungen für die Industrie: Dr. Christina Hack von Brose thematisierte den Wandel in der Herstellungsindustrie. Neben Lebenszyklusanalysen und Kreislaufwirtschaft stand insbesondere die digitale Erfassung und Nutzung von Wissen im Fokus – etwa durch den Einsatz von Knowledge Graphs und Künstlicher Intelligenz, die auch im Kontext digitaler Datenräume an Bedeutung gewinnen.
- Transformation durch Materialforschung: Prof. Dietmar Harhoff hob den internationalen Wettbewerbsdruck hervor und appellierte an die verstärkte Nutzung und Patentierung von Forschungsergebnissen. Die Themen Digitalisierung, der Data Act sowie der Abbau bürokratischer Hürden standen dabei im Zentrum.
Mat2Twin – Ein datengetriebenes Rahmenprogramm
Peter Hassenbach vom BMBF stellte das Materialforschungsrahmenprogramm „Mat2Twin“ vor, das auf einem datengetriebenen Ansatz basiert. Im Fokus stehen dabei:
- Die Erzeugung, Speicherung und Analyse von Materialdaten,
- Der Aufbau eines Datenraums, vergleichbar mit Initiativen wie Gaia‑X,
- Die Anbindung an bestehende digitale Infrastrukturen wie NFDI und PMD,
- Strategische Ziele wie bioinspirierte, smarte Materialien und sichere Werkstoffe für Gesundheit und Lebensqualität.
Impulsvorträge: Von der grünen Chemie bis zur digitalen Transformation
Weitere Impulse lieferten:
- Dr. Gregor Daun (BASF):
Mit Blick auf die grüne Transformation der Chemiebranche wurden Ansätze zur Reduktion von Ressourcenverbrauch und Emissionen vorgestellt – von der eigenständigen Stromproduktion bis hin zu innovativen Produktionsprozessen. - Dr. Rainer Erb (Biokon):
Er präsentierte die „Biologisierung der Technik“ als Schlüssel zu neuartigen, lebenden Materialsystemen. Beispiele wie selbstklebende, wasserabweisende Folienmaterialien (Aircoat) zeigten, wie Erkenntnisse aus der Biologie direkt in technische Innovationen umgesetzt werden können. - Prof. Christoph Eberl (IWM):
Im Kontext der digitalen Transformation der Materialwissenschaft betonte er die Bedeutung semantischer Strukturen, die detaillierte Beschreibung von Materialien – bis hin zum atomaren Level – und die Notwendigkeit von FAIR-Datenpraktiken, die jedoch nicht zwangsläufig als Open Data umgesetzt werden. - Jürgen Tiedje (Europäische Kommission):
Mit einem Blick auf die europäische Perspektive wurde die bevorstehende EU-Strategie zu Advanced Materials erläutert. Themen wie Ontologien in der Industrie und nachhaltiges Design standen hierbei im Vordergrund.
Podiumsdiskussion und Ausblick aus der Perspektive des Instituts für Angewandte Informatik (InfAI) e. V.
Die anschließende Podiumsdiskussion bot Raum für einen intensiven Meinungsaustausch – nicht zuletzt auch in Form von Kritik an bürokratischen Hürden, die den Fortschritt hemmen können. Aus unserer Sicht als Vertreter:innen des Instituts für Angewandte Informatik (InfAI) e. V. wird hier deutlich: Die digitale Transformation muss Hand in Hand mit innovativen materialwissenschaftlichen Ansätzen gehen.
Unsere Forschungsschwerpunkte – insbesondere im Bereich der Datenanalyse, der semantischen Strukturen und der Entwicklung intelligenter Informationssysteme – ergänzen die vorgestellten Konzepte ideal. Initiativen wie NFDI MatWerk und datenbasierte Ansätze im Rahmen von Mat2Twin bieten die Chance, Materialforschung nicht nur effizienter zu gestalten, sondern auch den Weg in eine nachhaltige, digital vernetzte Zukunft zu ebnen.
Fazit
Die MatFo2025 zeigte eindrucksvoll, wie eng verknüpft die Themen Nachhaltigkeit, Recycling und digitale Innovation in der modernen Materialforschung sind. Gerade in Zeiten, in denen technologische Souveränität und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft immer wichtiger werden, ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Materialwissenschaft und angewandter Informatik essenziell. Das Institut für Angewandte Informatik (InfAI) e. V. freut sich darauf, diese Entwicklungen aktiv mitzugestalten und die digitale Transformation in der Materialforschung weiter voranzutreiben.


